KillHR!? und was auf der Zukunft Personal daraus wurde

Heiko Fischer (@RH_Way) hatte gerufen und „vier alle“ waren gekommen. Zumindest aufs Panel. In Auditorium kamen glücklicherweise noch viel mehr, ich schätze so knapp 200, doch dazu später nochmal mehr.

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v.l.n.r. Cortney Endecott (@cortendeco), ich, „HR enfant terrible“ Heiko Fischer, Oliver Florschütz, Alexander Göttling / Foto: Ute Schulze via Twitter


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Wir wollten versuchen das Thema „KillHR!“ und die damit zwangsweise verbundene Frage „KillHR?“ mit Tiefgang und guten(?!)  Argumenten zu beleuchten. Zugegeben – es ist uns sicher nicht gelungen hier “die eine“ Antwort zu geben, die es auch gar nicht gibt. Aber vielleicht konnten wir ein paar Impulse setzen und Denkanstöße vermitteln. Falls uns zumindest das gelungen ist, dann war es von uns und allen Teilnehmern im Auditorium sinnvoll verbrachte Lebenszeit.

Die Diskussion

Worüber haben wir also gesprochen? Ich werde hier versuchen wenigstens einen Teil wieder zu geben und weiss schon, dass ich (ganz Mensch der ich bin) hier auch sehr viel meiner Ansichten und Wahr-Nehmungen einbringen werde.
Ich sag’s vorweg: Um mich an alles zu erinnern war die Argumentation zu dicht, der Ton auf dem Panel zu schlecht zu verstehen und meine Gedanken zu sehr mit formulieren beschäftigt.
Bei der Frage „Kill XY“ geht es logischerweise immer um die aktuelle und die möglichen zukünftigen Rollen von XY, hier also HR. Und damit geht es um die Selbst- und Fremdwahrnehmung dieser Rollen. Der Eingang zur „Zukunft Personal“ war hier schon prägend, war er doch geteilt in „HR Verwalter“ und „HR Gestalter“. Ich habe ehrlich gesagt nicht geschaut, wer wo hineingegangen ist. Die Wahrnehmung auf dem Panel war jedoch eindeutig, dass (zumindest) wir HR viel zu sehr in der Verwalterrolle und zu selten in der Gestalterrolle erfahren. Natürlich kann und darf man den Einzelfall nicht pauschalisieren und jede Statistik zeigt ja immer nur, was „die anderen“ machen, dennoch: Wenn „verwalten“ die (Haupt-)Aufgabe ist, dann „gute Nacht“. Denn was heute vom morgen schon bekannt ist zeigt eindeutig, dass intelligente System die Verwalterrolle übernehmen können und werden – ggf. über dem Umweg des outsourcing. „HR“ braucht es dafür nicht mehr. Ähnlich im Bereich Recruiting. Und wenn wir ehrlich sind, könnten die Fachabteilungen auch große Teile anderer „wichtiger“ HR Aufgaben übernehmen. Auch, wenn sie sich damit einerseits weiter (über-)fordern, auf der anderen Seite befreien sie sich dann (manchmal!) von einem zusätzlichen Störfaktor.

Die Fragen

Eine der Fragen, die wir uns stellten war, wieso HR solche Themen wie Performance Reviews nicht viel früher kritisch hinterfragt hat und stattdessen in vielen Unternehmen heute noch mitträgt. Eine andere Frage: Warum nimmt HR in der Wahrnehmung der GF eine so andere Rolle ein, als die übrigen Unternehmensteile – insbesondere auch, wenn es um „die Zahlen“ geht.
Fragen, auf die es wohl ganz viele und sehr individuelle Antworten gibt. Der Versuch eines pauschal-plakativen Lösungsansatzes ging dahin, dass HR das Gesamtgeschäft besser verstehen muss, um tatsächlich konstruktive Beiträge zu leisten und insbesondere als vertrauenswürdiger Mitstreiter wahrgenommen zu werden. Ich persönlich würde einen Schritt weitergehen und als HR versuchen nicht nur das Geschäft zu verstehen, sondern insbesondere auch die Chancen, die Automatisierung und Digitalisierung in den unterschiedlichen Arbeitsbereichen bedeuten, zu antizipieren.
Wie Alex(ander Göttling) so richtig ausführte, ist das Geschäft von HR die, wie ich es ausdrücke, „menschliche Zukunft“ mit einem Horizont, der deutlich über die sonst häufig anzutreffenden 3 Monate hinausgeht. Bei HR geht es darum auf 2 oder 3 Jahre hinaus zu denken und vorauszuahnen, welche Menschen und welche Kompetenzen notwendig sein werden. Diese strategische Rolle ist auch in Zukunft weiter entscheidend und dann von deutlich mehr Faktoren beeinflusst als bisher.
In jedem Fall hilft es, in Umfeldern, die es gewohnt sind über Zahlen zu argumentieren, selbst die Zahlen zu verstehen und zu nutzen – und damit auch den ROI der eigenen Aktivitäten ins Spiel zu bringen. Selbst, wenn der Zeithorizont ein anderer ist. Denn, das betonte auch noch einmal Ute Schulze am Ende der Diskussion aus dem Auditorium heraus: Menschen sind kein Kostenfaktor sondern Investitions-Gut.
Jede Investition in zukünftig nutzbare „menschliche“ Kompetenzen ist gleichzeitig eine Investition in Kreativität, Energie, Inspiration und damit  in Innovation.

Das Damoklesschwert

Bezogen auf die Entwicklungen von autonomen und intelligenten Systemen: In Zukunft sind menschenbefreite Unternehmen denkbar, ohne Frage. Doch diese entziehen sich damit auch der Chance sich weiter zu entwickeln – es sei denn, sie kaufen Innovation teuer und nicht unbedingt passgenau von außen ein.
Kern sukzessiver Innovation, auch in Form von kontinuierlicher Detailverbesserung, ist und bleibt, der dem Unternehmen positiv verbundene Mensch. Was mich zur „nächsten“ (zukünftigen) Aufgabe von HR bringt: Stimmen die Prognosen und Trends nur zu einem Bruchteil, so werden wir demographisch bedingt in 10 Jahren eine Lücke vom Mitgestaltern in den Unternehmen in einer Größenordnung von (deutschlandweit) Millionen haben. Dies wird denen einen (man sagt 40-60%) die Freiheit geben projektbezogen den Arbeitgeber zu wechseln, während die anderen die Festanstellung bevorzugen.  Damit stellt sich die Frage: Wie kommt ein Unternehmen an diese „projektbezogenen Mitarbeiter“ heran?

Zukunftsszenario „Netzwerke“ 

Als jemand, der den heutigen Projektmarkt kennt kann ich sagen: So wie heute wird es in der Zukunft nicht gehen. Der Arbeitsmarkt dreht sich gerade. Wenn ich mir ans „freier“ aussuchen kann für wen ich welches Projekt mache, dann kommen neben dem Faktor Geld die Faktoren „Sinn“ und „Verbundenheit“ ins Spiel. Aus Sicht der Unternehmen bedeutet dies, dass da eine Abteilung sein sollte (wenn das nicht auch die Fachbereiche übernehmen, was sie aus meiner Sicht überfordern wird) die frühzeitig das Netzwerk aufbaut, aus dem dann Menschen ins Unternehmen kommen, die die Zielsetzung kennen, unterstützen und optimal zum Projekt passen.  Dieses Netzwerk aufzubauen, den Kontakt und die Verbundenheit zum Unternehmen und den Projekten aufzubauen, wird eine großen und anstrengende Aufgabe, aber eine, die den Unternehmen extremen Nutzen bringt.

„Die Formel“

Ich habe vor ein paar Wochen zur Zukunft der Arbeit eine Formel kreiert, die nicht nur Ingenieuren helfen kann die Herausforderungen zu verstehen:
future-of-work-webIm Kern wird es bei aller Technik weiter vor allem um die Menschen gehen. Doch kommen als Ergebnis der Digitalisierung und Industrie 4.0 die digitalen Elemente ins Spiel, und Zusammenarbeit zwischen menschen und von menschen mit „den digitalen“ wird wichtiges Effektivitätsthema. Doch all das klappt nur zielgerichtet für’s Unternehmen, wenn Sinn und Vertrauen vermittelt und als „booster“ genutzt werden.

Nach dem Panel ist vor der Antwort

Wir haben uns nach dem Panel gefragt, welche Wirkung und welchen Nutzen wir den Teilnehmern „unten“ gebracht haben? Ich muss sagen: Ich weiss es nicht.
Vielleicht war es ein gutes Zeichen, dass, obwohl wir zeitlich überzogen haben, nur wenige gegangen sind. Vielleicht waren aber auch einfach nur viele sehr höflich.
Was wir sicher nicht geschafft haben, ist die Eingangsfrage klar zu beantworten. Denn es hängt von den Gestaltern in den Unternehmen selbst ab ob sie – vielleicht unterstützt von eine paar Transformationshelfern (eine kurze Liste hatte ich oben im 2. Absatz genannt 😉 )  – eine Basis für eine erfolgversprechende Zukunft aufbauen können. Es gibt viele Optionen und kleine erste Schritte, die man gehen könnte. Wer dazu Anregung sucht: Auf www.small-steps-big-impact.de stelle ich immer wieder neue Ideen vor.
Wer ein paar mehr Perspektiven lesen möchte, was die Zukunft bringen könnte, dem lege ich gerne meine Interviewreihe „ArbeitsVisionen2025“ (bald auch mit weiteren Impulsen als Buch) ans Herz.
Was wir auch nicht geschafft haben ist, bei allen die innere Betroffenheit zu erzeugen, die man braucht um selbst die Entwicklung anzugehen und womöglich andere mit zu inspirieren und zu infizieren. Meine Hoffnung ist, dass wir diesen Prozess wenigstens bei einigen ein wenig ins Rollen gebracht haben. Die Zukunft der jeweiligen Unternehmen hätte es sicher verdient.
Was wir vielleicht geschafft haben ist, das Auditorium ein wenig zu unterhalten und eine emotionalere Diskussion gehalten zu haben, als das oft der Fall ist. UND: ich glaube diese Emotionalität tut dem Thema gut. Emotionen sind, was uns von den Maschinen und Computern (noch) unterscheidet, und damit machen sie einen Unterschied für die Zukunft.
Was wir vielleicht auch geschafft haben ist, einige Optionen aufzuzeigen und ggf. auch etwas Schrecken zu erzeugen, der hoffentlich zu Widerstand und damit erster Bewegung hin zu etwas „besserem“ führt.
Wenn ich nach der Diskussion 3 Wünsche offen habe/hätte, dann würde ich diese wohl so formulieren:

  • Ich wünsche mir, dass die Teilnehmer im Auditorium sich Zeit nehmen das Gehörte sacken zu lassen bevor es vom Arbeitsalltag überlagert wird.
  • Ich wünsche mir, dass sie die persönlichen Erkenntnisse aus dem Sacken lassen reflektieren und dies nutzen, um Ideen für den eigenen Entwicklungsweg zu entwickeln.
  • Und ich wünsche mir, dass sie in Aktion kommen und Veränderung (ggf. auch im ganz kleinen und ergebnisoffen) auszuprobieren.

Vielleicht war ja doch eine gute Fee irgendwo und der Wunsch wird beim einen oder der anderen Realität.

Danke!

Auf diesem „fernschriftlichen“ Weg möchte ich meinen 4 Mitdiskutanten und unseren aufmerksamen Zuhörern danken. Ihr/Sie alle haben den Tag für mich zu einem sinnvoll verbrachten Tag gemacht.

Nachwort

Wer dabei war und sich an all die Ding erinnert, die ich hier nicht genannt habe, ist herzlich eingeladen diese in den Kommentaren hinzuzufügen. Es würde mich freuen hier „alles“ zusammenzubringen, was wir angesprochen haben.