„Die größte Gefahr in turbulenten Zeiten ist nicht die Turbulenz, sondern mit der Logik von gestern zu handeln.“ (Peter Drucker)

Stimmt das so noch ??? Immerhin ist dieser Peter Drucker Zitat schon etliche Jahre alt.
„Die Zeiten“ waren gefühlt schon immer turbulent. Und so hätte schon immer eine „neue Logik“ angewendet werden müssen, um mit den jeweils aktuellen Entwicklungen Zeit“ besser umzugehen, um besser Lösungen zu finden oder zumindest die Probleme besser zu verstehen.
Blickt man in die Masse der Unternehmen etwas tiefer hinein, so scheinen sie das Zitat grundlegend zu widerlegen! So turbulent die Zeiten auch sein mögen, die alten Logik funktioniert weiterhin. Die alten Strukturen führen weiter zu guten Erträgen, die alten Managementprinzipien, die bewähren Organisationsmuster – alles funktioniert – trotz der weiterhin bestehenden und manchmal zunehmenden Turbulenzen.
Natürlich haben sich Unternehmen – unter der sichtbaren Oberfläche – mit diesen Turbulenzen auch schon immer weiter entwickelt. Natürlich haben sie im Detail – und manchmal in größeren Strukturen – verändert, um besser auf den Markt und Kunden reagieren zu können. Natürlich findet all das für den Betrachter von außen normalerweise im Verborgenen statt. Es braucht ja auch niemanden zu interessieren, wie ein Unternehmen seine Produkte und Services in den Markt bringt, solange der Kunde bekommt war er sucht und braucht. Die Kommunikation darüber ist schließlich nur in Ausnahmefällen der Geschäftszweck. Und natürlich werden besondere Entwicklungen und Projekte dennoch immer auch nach außen kommuniziert – allein auch schon um dem Bewerbermarkt zu zeigen: Schau, hier passiert was!
Doch passieren tut kaum etwas – eine neue Logik wird weder gesucht noch (zufällig) gefunden. Nur ganz wenige Unternehmen gehen bewusst (und öffentlich) große Schritte sich ein tragfähiges Fundament für eine neue Logik zu geben. Vielen scheint es zu reichen von außen hui und von innen pfui zu sein.

Die Verlierer 

Dieses Vorgehen lässt allerdings einige (große) Verlierer zurück. Verlierer, die sich in den alten und bislang mehr oder weniger erfolgreichen Strukturen zwar auskennen und mit ihnen umzugehen wissen, die aber doch wissen, dass das Gras auf der anderen Seite des Zauns tatsächlich grüner ist und einfach besser schmeckt. Die verstanden haben, dass es lohnt die alten Dinge in neuem Licht zu betrachten – gerade weil dann auffällt, wie verrottet sie sind und weil dann an ihnen gearbeitet werden kann.
Ein Teil dieser Verlierer macht sich Luft indem sie sich zusammentun. intrinsify.me ist in etwa so entstanden – als Netzwerk von Menschen, die ahnen, dass es anders besser geht, aber denen die Hebel fehlen, um das im Unternehmen umzusetzen.
Schwierig wird es, wenn sich diese „Verlierer“ an Positionen befinden, die es ihnen nach landläufiger Meinung erlauben würden etwas signifikant zu verändern, die aber dennoch im Grunde noch mehr in den alten Mustern ´gefangen sind als die „einfachen“ Querdenker. Diese visionären Geschäftsführer gibt es – und es sind wahrscheinlich deutlich mehr als es denn Anschein hat.
Ihre besondere Herausforderung ist, dass sie sich nicht bewegen dürfen. Sie können nicht einfach in Social Media ihr leid klagen, sie können sich nicht auf Barcamps austauschen und informieren, sie können nichts Öffentliches tun, ohne Gefahr zu laufen in das Spannungsfeld der Erwartungen von Investoren, Führungskollegen, Aufsichtsräten, Kunden, Mitarbeitervertretern und der Belegschaft selbst zu geraten. Jede (unbedachte) Äußerung kann sich zu schnell auf das persönliche Gesamtsystem und gleichzeitig das der Organisation in einem Maß auswirken, dass niemand möchte.
So sind sie Gefangen zwischen der persönlichen Erkenntnis, dass eine neue Logik und ein neuer Weg für das Unternehmen von Vorteil wäre und den Zwängen der „alten Logik“.
Für sie ist es ungleich schwieriger über die vielen kleinen und ungelösten Herausforderungen zu sprechen, als für die vielen (teilweise in erlernter Hilflosigkeit erstarrten) Befehls- und Weisungsempfänger. Trotz und gerade wegen ihres Jobs als Entscheider, Geschäftsführer und Vorstand, haben sie kaum die Gelegenheit in ausreichender Breite die mehr Chancen und Risiken außerhalb ihrer – dafür immer zu kleinen und zu gleich denkenden – etablierten Netzwerk- und Beraterfilterblase zu diskutieren.
Dazu kommt, dass wir es einfach nicht gesellschaftlich akzeptiert ist einfach mit jedem über alles zu reden. Wir reden schon kaum über unsere körperlichen Zipperlein. Wie käme man dann darauf mit irgendjemand – zu dem keine echtes tiefes Vertrauensverhältnis besteht – über Dinge zu sprechen, die den Eindruck entstehen lassen könnten, dass man seinen Job und sein Geschäft nicht beherrscht.
Und doch – so sch…wierig es ist – es scheint heute deutlich mehr Potenzial darin zu liegen, die neuen Chancen in größerer Breite zu diskutieren, Gleichgesinnte zu identifizieren und dann gemeinsam vorzugehen, als am vermeintlich bewähren weiter festzuhalten. Je breiter, je interdisziplinärer man sich dabei austauscht, desto mehr kann entstehen.
Dabei gibt es allerdings kein richtig und falsch mehr. Es gibt nur den Bereich zwischen „mulmig mutig“ und „verhalten euphorisch§ in dem man – gerade als Angehöriger der „C-Suite“ – versuchen kann seinen halbwegs auskömmlichen Platz zu sicher.

Die CxO Falle 

In der jetzigen Wahrnehmung von CxOs, von „Chief whatever Officers”, sind viele Themen, die sich als problematisch herausstellen, schon im jeweiligen Begriff vorprogrammiert. Ein CFO hat sich um Finanzen zu kümmern, ein COO ums operative, ein CHRO um das Humankapital, ein CEO schließlich – quasi als einziger – darum, dass das Unternehmen insgesamt gut läuft und nach außen auch so wahrgenommen wird. In vielen Unternehmen ist er damit mehr Außenminister, als Regierungschef.
Und – es gibt eine Menge „CxOs“ und damit eine Vielzahl von Herrschaftsbereichen – selbst wenn man diese Herrschaft gar nicht beabsichtigt. (Auf Wikipedia findet sich eine lange Liste weiteren CxO Aufgabenfelder.) Denn mit dieser Auf- und Einteilung (er)leben auch die Mitarbeiter und die Außenwelt fast zwangsläufig eine gedankliche Vorsortierung. Es entstehen ganz automatisch durch die so vertraue Begriffsbildung, all die Silos, von denen wir verstanden haben, dass sie mehr Fluch als Segen sind.
Leider lässt sich dieses Verständnis nicht einfach aushebeln. Zu tief ist in unserer Sozialisierung verankert, dass der Controller ohnehin nur das Budget zusammenstreichen will, dass der Vertriebler keine Ahnung von Technik hat und dass das Marketing nur bunte Bilder druckt. Zu tief sitzt das „wir gegen die“, zu tief sitzen die von Kindesbeinen verankerten Glaubenssätze, die am Ende eben auch unseren tief verwurzelten Wunsch nach Klarheit und Ordnung befriedigen. Schließlich sehen wir die Dinge zumeist so, so wie wir sie sehen wollen (und kennen) und – gerade Neues – nicht so, wie sie sind oder sein könnten.

Seelenlos 

Dieser Wunsch nach Stabilität, Übersichtlichkeit, Verständlichkeit, Sicherheit und Ordnung, der gerade wenn die Turbulenzen zunehmen – wenn VUCA sichtbarer wird – die Einfachheit ins Zentrum der Sehnsucht stellt, hat in unserem Wirtschaftssystem etwas auf die Spitze treiben lassen, dass diesem Wunsch gleichzeitig mehr und mehr den Boden entzieht.
Das Wirtschaften nach KPI und (Quartals)Ergebnissen hat Arbeit schon früher entseelt. Heute, in einer Zeit in der Algorithmen mehr und schneller Börsenwert bewegen und Unternehmen glorifizieren oder ruinieren als Menschen, in der auch sonst die Öffentlichkeit Geschehnisse ganz anders in den multimedialen Vordergrund rückt als noch vor 20 Jahren, scheint es mehr um Produkte, Innovationen und eben auch Zahlen zu gehen, als um Visionen und Menschen.

Raus aus dem Dilemma

Falls ich mit meiner Beschreibung halbwegs richtig liege stellt sich die Frage, wie man sich, als fortschrittlich denkender und handelnder CxO, aus diesem Dilemma befreien kann?
Wie kann man – ganz in Sinne des „what’s in for me“ – den persönlichen und gemeinsamen Weg in und für die Organisation gestalten, wenn da keiner ist, mit dem man reden und sich austauschen kann?
Wie kann man, analog oder digital, die Unterstützung finden, die tatsächlich auf den Punkt genau hilft, ohne dabei zu riskieren? Und wie findet man überhaupt heraus, wo dieser Punkt ist und wie er aussieht?
Wie und wo soll – außer in exklusiven Executiveprogrammen wie sie an einigen führenden Hochschulen zu entsprechenden Preisen angeboten werden – jemand zu Lehrinhalten einem Erkenntnisgewinn kommen, ohne sich einer (teilweisen) Öffentlichkeit (und damit Spott oder Neid) auszusetzen? Wie und wo kann man sich mit seinesgleichen Vernetzen, ohne sich bei digitalen Fakeaccounts oder in „Altdenker“-Netzwerken wiederzufinden?
Die (meine) Antwort gleicht interessanterweise der, die ich auch anderen „normaleren“ Mitarbeitern geben würde – und doch ist sie ganz anders. Bei der Antwort geht es um Gemeinsamkeit – um den Austausch in mit Menschen, die die gleichen Probleme und Chancen haben (könnten). Bei beiden Antworten geht es darum, sein Umfeld aktiv und bewusst daraufhin abzuklopfen, wie vertrauenswürdig und vertrauensvoll es ist. Und bei der Antwort geht es darum Menschen und Methoden in diesem Umfeld zu finden und zu (be)nutzen, die mit viel (Lebens-/Arbeits-)Erfahrung eine externe Perspektive einbringen und die Begleitung auf dem Weg anbieten können.
Dieser Ansatz führt für die „normaleren“ Mitarbeiter in öffentliche Soziale Netzwerke wie facebook und Twitter und führt auf Open Space Veranstaltungen wie BarCamps.
Doch dies wäre für heutige CxO’s eine fatale Idee. Für sie heißt es weiterhin die etablieren „elitären“ Veranstaltungen aufzusuchen. Doch bleiben Sie hier den Keynotes und Ablenkungen fern. Fokussieren Sie auf die Netzwerkräume und suchen Sie sich diejenigen für Gespräche heraus, die nicht in den Rahmen passen. Machen sie aus den Veranstaltungen auf diesem Weg eine Art Executive Open Space. Und finden sie Menschen, die einen Schei…. darauf geben in ihr Weltbild zu passen. Versuchen Sie die Nerds, Freaks und Weltverbesserer zu finden, bei denen Sie das Gefühl haben, dass sie – so quer diese auch denken – so denken wie sie selbst. Um es anders zu sagen: Sie finden die Menschen, die sie wirklich unterstützen und voranbringen können mit viel höherer Wahrscheinlichkeit außerhalb ihrer Komfortzone als innerhalb – Das gibt ganz nebenbei auch für die „normaleren“ Mitarbeiter…
Mit etwas Glück entsteht so eine Vielzahl an persönlichen Netzwerken der Vertrauens und Verstehens, die CxOs als Raum für persönliches Wachstum – und das der Organisation – dienen könnten.

Reflexionsfragen

Welche Antworten haben Sie auf die oben gestellten Fragen?
Wie gehen Sie für sich vor?
Kennen Sie schon die Punkte, an deren es sich lohnt anzusetzen um ihre Organisation vielleicht doch zu entwickeln?
Wann ist ihre nächste Gelegenheit ihre Komfortzone zu verlassen? Ein kleiner Tipp am Rande – heutzutage müssen sie niemanden mehr physisch aufsuchen – miteinander reden und sich sehen kann man auch von Schreibtisch und vom Smartphone aus.
Warum es bei den „CxOs der Zukunft“ ganz andere Personen mit ganz anderen Rollen sind und welche dies sein können sind lesen Sie hier.