In die Zukunft navigieren: Disruptiver Wandel durch Nachhaltigkeit und KI

In die Zukunft navigieren: Disruptiver Wandel durch Nachhaltigkeit und KI

Disruptiver Wandel steht an. Es geht um Richtungsentscheidungen, unvermeidbare Richtungsentscheidungen, um genau zu sein. Mindestens zwei davon wird Dein Unternehmen in nicht allzu fernen Zukunft treffen müssen. Vielleicht hat es diese auch schon unbewusst getroffen. Ganz konkret werden die Themen Nachhaltigkeit und KI mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit fundamental an eurem aktuellen Denken und Handeln rütteln. Die Frage ist, wie es Dir/Euch gelingen wird, damit umzugehen.

Anders als bei den meisten Veränderungsthemen geht es bei diesen beiden darum, nicht nur an der Oberfläche zu kratzen, sondern die Denk- und Handlungsmuster signifikant zu ändern. Auch aussitzen oder klassisches „bend and wait“ wird nicht helfen. Der Druck von außen wird zu groß sein, auf der Welle mitschwimmen zu müssen.

Die Themen werden in den Routinen, Prozessen und Strukturen tiefe Spuren hinterlassen. In einer Welt in der 70% – 80% aller „Change Initiativen“ scheitern, ist nicht scheitern zu dürfen eine wirklich große Herausforderung. Es geht halt nicht nur um gute Vorsätze fürs nächste Jahr.

Bei diesen, wie bei allen Arten des „disruptiven Wandels“ reicht es nicht aus, nur neue Rollen einzuüben und das Businesstheater nach einem anderen Skript zu spielen. Sie erfordern tatsächlich eine Veränderung im Denken und Handeln. Das Umdenken, der Schritt Dinge ganz anders als zuvor zu machen, ist sonst zu groß. Wann und wo etwa KI eingesetzt werden kann, effizient und gleichzeitig eigenes Wissen auf- und aus- statt abbauend, will bewusst entscheiden sein. Ebenso die Frage wie im Kontext Nachhaltigkeit ressourceneffizient und – schonend zugleich agiert, eingekauft, genutzt und recycelt werden kann. Gleiches gilt im Umgang mit der knappen Ressource Zeit, ein Bereich der sozialen Nachhaltigkeit. Ein anderer, langfristigerer Umgang ist hier gefragt.

Bewusst eingesetzt ändern diese Entwicklungen nicht nur die Richtung des Denkens, sie haben auch das Potenzial neue Dimensionen für Wachstum zu eröffnen. Ein weiterer Grund, warum disruptiver Wandel niemals en passant angegangen werden sollte. Zu leicht verpuffen gute Ideen und möglicherweise wirksame Ansätze laufen ins Leere.

Wo aber kann man ansetzen, um durch noch mehr, noch größeren Wandel nicht noch mehr Chaos und Unruhe zu erzeugen? 

Klar ist, wenn ein Wandel das Denken und Handeln verändern soll, muss er ganz an der Basis dessen ansetzen, das dieses bestimmt. Es ist der Bereich, der im CCCC-Model ganz am Anfang und für Constitution steht. Es sind die Grundannahmen und das (kulturelle, soziale) Selbstverständnis, die bereits Einfluss darauf nehmen, wie ich KI wahrnehme oder wie sehr ich an die Notwendigkeit eines Weltenschutzes glaube, um das Klima und unsere Lebensumwelt sinnvoll zu erhalten.

DC Canvas 1

Um einen ersten Punkt zu setzen, habe ich hier 10 Impulse, die Du/Ihr bzgl. eines wie auch immer gearteten fundamentalen Wandels, im Vorfeld durchdenken und später im Blick halten solltet:

– Chancen & Risiken: Mache Dir/Macht Euch bewusst, welche Chancen und Risiken in dem Thema für Dich/Euch stecken. Welche Ängste und Hoffnungen sind damit verbunden?

– Wirkung: Welche Wirkung haben diese Chancen und Risiken, aber auch die Ängste und Hoffnungen auf mich/auf Euch? Welche Wirkung haben sie auf die Organisation? Welche Wirkung haben sie auf Produkte und das Unternehmen?

Veränderung I: Was verändert sich durch diese Wirkung? Wo werden Dinge leichter oder schwieriger, wo besser oder schlechter? In der persönlichen, individuellen, aber auch in der gemeinsamen Wahrnehmung des Teams, der Gruppe und der gesamten Organisation!

Regeln & Rahmen: Welche Regeln und Vereinbarungen, welche Grundannahmen und Rahmenbedingungen der Arbeit und des Unternehmens sind davon betroffen? Was muss anders gestaltet werden? Welche Anforderungen und Ansprüche sind betroffen?

Ängste & Hoffnungen: Was verbindest Du/verbindet Ihr mit den bisherigen Regeln und Vereinbarungen? Was möchtest DU/möchtet Ihr gerne beibehalten? Was hat ohnehin gestört? Welche emotionalen Ankerpunkte und liebgewonnenen oder verhassten Routinen sind davon betroffen?

Veränderung II: Jetzt wird es konkret und gleichzeitig heißt es ‚Ruhig mal um die Ecke denken‘: Was sollte sich konkret ändern, damit das Neue Raum findet? In welche Richtung sollte sich das Denken entwickeln? Welche neuen Geschäfts-, Denk-, Handlungs-, Zusammenarbeits-, Wachstumsdimensionen lassen sich damit eröffnen? 

Anpassungen / CCCC: Wo mit Blick auf die Constitution der Organisation (den Basisannahmen und dem kulturellen Kern), dem Concept (der Planung des prozessualen und strukturellen Rahmens), der Construction (dem Aufbau der Handlungsstränge, der Netzwerke und der Kommunikation) und dem Chaos (wenn das reale Arbeitsleben auf die vielen Ideen des grünen Tisches trifft), müssen Anpassungen vorgenommen werden, damit das Neue richtig verankert wird?

– Konflikte: Welche sach- und fachlichen Konflikte werden wahrscheinlich entstehen? Welche emotionalen, sozialen Konflikte sind absehbar? Wie und bei wem kann man diese im Vorfeld adressieren und angehen?

– Unterstützung: Wen brauchst Du, das Team, die Orga, um das umzusetzen? Welche neuen Ankerpunkte und Routinen helfen dabei sich vom Alten zu lösen und Raum für Neues zu schaffen? An welchen Stellen schafft das Neue (auch gerne emotionale) Identifikationspunkte? Welches neue Image soll entstehen?

– Und täglich grüßt das Murmeltier. Dass eine Metamorphose dieser Art in einem Durchlauf abgeschlossen ist, gelingt i.a. nur Schmetterlingen – und das auch nur nach Jahrtausenden der Verbesserung des Prozesses. Darum heißt es am Ende, zurück auf Los, feiere jeden Erfolg und betrachte genau die Niederlagen. Welch Ängste und Hoffnungen sind noch übrig? Wie groß muss der nächste Schritt sein? Nimm Dir/nehmt Euch Zeit durchzuatmen, die Kräfte zu sammeln und neu zu fokussieren.

Noch ein kleiner Impuls aus dem Bereich der Quantenphysik: Möglichkeiten verschwinden, wenn man sie (zu genau) beobachtet oder untersucht. Wenn sie sich unbeobachtet entwickeln können, haben sie dagegen das Potenzial sich zu verstärken. Also: Nimm Dir Raum und gib anderen Raum die Dinge auszuprobieren!

Einige meiner Schwerpunktthemen im nächsten Jahr werden genau solche Organisationsentwicklungen sein. Gerade Nachhaltigkeit und KI sind Themen, die große Aufmerksamkeit erfordern. Wenn Du und Deine Organisation Teil davon sein wollt, ob im Coaching oder der vollumfänglichen Begleitung, dann melde Dich per E-Mail.

Wenn Du das Thema für Dich, Dein Team oder Deine Organisation weiter vertiefen möchtest, dann komm in meine Online Sprechstunde. Bei einem virtuellen Kaffee können wir uns kennenlernen und in einem ersten Schritt auf Deine Themen eingehen. Termine für die Sprechstunde sind zumeist dienstags und donnerstags zwischen 10:00 und 12:00 reserviert. Mach mir ein paar Terminvorschläge per E-Mail und wir finden einen geeigneten Slot.

Es gibt alles, nur keine Norm

Es gibt alles, nur keine Norm

Nicht alle wollen

  • Entscheidungsverantwortung | keine Entscheidungsverantwortung
  • Karriere | keine Karriere
  • Remote arbeiten | im Büro arbeiten
  • Selbstverantwortung übernehmen | Verantwortung abgeben
  • reflektieren, was funktioniert | reflektieren, was nicht funktioniert
  • die Systeme verstehen | die Systeme vergessen
  • Veränderung angehen | Veränderung ablehnen
  • Kontrolle behalten | Kontrolle abgeben
  • eng gefasste Regeln | weit gefasste Richtlinien
  • geführt werden | führen
  • Folgen | Follower

uns so vieles, vieles mehr.

Es steckt eine enorme Vielfalt in unseren Unternehmen. Eine Vielfalt, die zuhauf Möglichkeiten schafft und die wir vergrößern sollten. Und Vielfalt, die Entscheidungen schwieriger macht und zum Stillstand bis zum Burnout führt.

Ein Ausweg aus der Überforderung ist Vereinfachung, idealerweise Normierung. Für alle und alles die gleichen Ansätze und Modelle zu nutzen hat großen Sexappeal. Es scheint fast, als sei eine Antwort auf Vielfalt Einfalt.

Vereinfachung versucht Klarheit und Leichtigkeit zu vermitteln und macht zugleich vieles unklarer und schwerer. Vereinfachung funktioniert nur in wenigen Kontexten gut. Unternehmen sind keiner dieser Kontexte. Häufig führt auch dieser Weg zu Überforderung, denn wo die neuen Prozesse und Strukturen nicht passen, entstehen Schattenorganisationen und von den wahren Experten betriebene parallele Prozesse.

Kann man dem entgehen?

Man kann das System als Vielfalt von Systemen verstehen. Man kann teilorganisationsindividuelle Ansätze und Modelle finden, die im jeweiligen Subkontext eine echte Lösung der Probleme bedeuten.

Die Komplexität in dieser Lösung: Den Rahmen zu schaffen, innerhalb dessen die Vielfalt der Systeme Raum hat.

Raum, der ermöglicht, dass gemeinsam an etwas Größerem gearbeitet wird. Etwas, das niemand, kein Team alleine erreichen kann. Raum mit Kommunikations- und Transaktionsmustern, die fachlichen und, wo es sie denn gibt, auch hierarchieübergreifenden Austausch ermöglichen. Ein System, in dem Selbstorganisation genauso Raum hat, wie Weisung & Kontrolle, in dem New und Old Work nebeneinander funktionieren, in dem Agilität neben dem Wasserfall stehen kann, in dem die Notwendigkeiten des Unternehmens den Möglichkeiten nicht im Weg stehen.

Doch die Gefahr ist, den Raum aus der Enge heraus zu denken. Die Chancen nicht zu sehen, weil der Tellerrand hoch ist, weil es schwierig ist, mit den Ansätzen zu jonglieren und zugleich das Puzzle zusammenzusetzen. Dazu braucht es Umsicht und Weitsicht. Es braucht den Wunsch keine Norm dafür zu finden zu wollen, um die Organisation zusammenzuführen und ihre vollen Energien zu nutzen.

Es braucht eine Vielfalt im Denken und vielfache Klarheit im Handeln.

Um herauszufinden, wo Du, wo Dein Team und Dein Unternehmen steht, welche Vielfalt herrscht oder herrschen sollte, tritt einen Schritt zurück und beobachte

  • wie Entscheidungsfähigkeit und Entscheidungskompetenzen verteilt sind,
  • wie der Zugang zu Ressourcen geregelt ist,
  • wie die Kommunikation im Unternehmen verläuft,
  • wie nachvollziehbar Entwicklungen sind.

Und wie das alles Dich und Dein Team bei der Arbeit unterstützt oder behindert.

Wenn Du einen Schritt weitergehen willst, kannst Du Reflektionstools nutzen, die Dir Hinweise auf Themen geben können, die Du in der Form nicht auf dem Schirm hast. Du kannst hier sofort starten. Beantworte die folgenden vier Fragen, die auf etwaige Konflikte im Gesamtsystem, hinweisen.

Wie kommen wir zu (neuen) Erkenntnissen?

  1. Wir nutzen die vorgegebenen Wege.
  2. Wir lernen selbstverantwortlich das Notwendige.

Wir priorisieren wir?

  1. Wir halten uns an unsere Ziele.
  2. Wir betrachten die Entwicklungen und weichen ggf. von den Vorgaben ab, um erfolgreich(er) zu sein.

Wie treffen wir wichtige Entscheidungen?

  1. Wir nutzen die Hierarchie.
  2. Wir delegieren Entscheidungen an die Personen mit der größten Fachkompetenz.

Wie gestalten wir Entwicklungen?

  1. Wir halten uns an die Vorgaben und arbeiten die festgelegten Prozesse ab.
  2. Wir gehen selbstorganisiert vor.

Beantworte diese Fragen, sofern es Dir möglich ist, aus der Perspektive Deines Teams, anderer Teams und des Unternehmens. Dabei sollten die Antworten der ersten beiden Fragen, wie auch die der letzten beiden jeweils den gleichen Ziffern tragen, sonst laufen Dinge in verschiedene Richtung. Eine Vielfalt, die destruktive Konflikte erzeugt.

Weitere Tools kann ich Dir empfehlen, wenn ich Deine konkrete Situation besser kenne.

Wenn Du noch einen Schritt weiter gehen willst, weil Du erkannt hast, dass Du in Deinem Unternehmen sehr unterschiedliche Ansätze nebeneinander nutzen solltest, dann lass uns darüber sprechen, wo und wie Du vorgehen solltest und welche Unterstützung hilfreich für Dich ist.

Um dabei ganz konkret Deine Themen ansprechen zu können, nutze einfach unsere Demo des „Organization Twins“, einem objektiven Spiegelbild Deiner Organisation, das schnell und einfach den Raum für einen sachlichen Dialog öffnet.

Vielfalt ist wichtig und gut, jedoch braucht sie Raum, um sich zum Gesamtbild eines Unternehmens zusammenfügen zu können.

Erfolgreiche Change-Strategien: Wie Sie den Wandel gezielt gestalten

Erfolgreiche Change-Strategien: Wie Sie den Wandel gezielt gestalten

Zusammenfassung

Das Thema “Veränderung” ist allgegenwärtig, dynamisch und komplex, besonders in Organisationen. Es erfordert bewusstes und reflektiertes Handeln, unabhängig von der Größe der geplanten Veränderung. In diesem Text werde ich eine Metaanalyse erfolgreicher Change-Ansätze mit einer Betrachtung des Entwicklungszyklus von Organisationen kombinieren, um die Erfolgschancen zu steigern. Eine Umfrage zeigt, dass die meisten Menschen Veränderungen bei Denk- und Handlungsmustern ansetzen würden. Dies kann nur gelingen, wenn wir die Rahmenbedingungen und die Organisationsstruktur anpassen. Im folgenden Beitrag werde ich weitere Hintergründe und Tipps dazu bieten.

Deep Dive

Über „Change“ braucht man nicht mehr viel zu schreiben. Dazu kann jeder Change-Manager ganze Bücher beitragen. Ansätze gibt es gefühlt so viele, wie es Change-Projekte gibt.  

Und doch, triggert es mich, denn auch beim Change ist der Weg der Erkenntnis und die Entwicklung neuen Wissens noch lange nicht abgeschlossen. Eine neue Metaanalyse zusammen mit einer (mir) schon länger bekannten Art Unternehmenssysteme zu sehen und zu verstehen, sind der Grund, warum ich mich nochmal dazu äußere. Ich denke, es lohnt, das Fass an dieser Stelle nochmals aufzumachen. Aber entscheide selbst.

Ich führe hier drei Dinge zusammen, erstens die Ergebnisse einer Metaanalyse zu den Rahmenparametern erfolgreicher Change-Projekte, zweitens eine vergleichsweise neue Art Entwicklungszyklen von Unternehmen zu betrachten und zu verstehen und, last, but not least, eine kleine Umfrage, die ich in dem Kontext gestartet habe und die zeigt, wie wichtig es ist, die ersten beiden Themen im Zusammenhang zu betrachten. 

„Die erfolgreichsten Ansätze zum Führen von organisatorischem Wandel“

Im Harvard Business Review haben Deborah Rowland, Michael Thorley, und Nicole Brauckmann im April unter dem Titel „Die erfolgreichsten Ansätze zum Führen von organisatorischem Wandel“ die Zusammenfassung der Ergebnisse einer Metastudie veröffentlicht (https://hbr.org/2023/04/the-most-successful-approaches-to-leading-organizational-change). Im Rahmen dieser Studie haben sie vier typische Vorgehensweisen identifiziert, von denen zwei mit hoher Wahrscheinlichkeit scheitern und zwei andere mit hoher Wahrscheinlichkeit erfolgreich sind. Diese beiden, der „Masterful Change“ und der „Emergent Change“ reflektieren sehr unterschiedliche Grundannahmen und Selbstverständnisse der Führungskräfte und sind, aufsetzend auf die jeweils dazu passenden Basisparameter und Strukturen, damit auch sehr erfolgreich. 

Ein „Masterful Change“ findet laut den Autoren statt, wenn (in meinen Worten) 

  • das Top-Management die Richtung und Rahmen vorgibt,
  • sie die Führungskräfte innerhalb von Richtung und Rahmen frei arbeiten lassen,
  • die Führungskräfte sich gerne mit Zeit und Energie einsetzen,
  • die Stakeholder intensiv eingebunden werden,
  • die Führungskräfte, Beteiligten und Betroffenen Freiheit bzgl. Details der Implementierung besitzen,
  • bei Betroffenen und Beteiligten Change Kompetenzen aufgebaut werden können,
  • ein Netzwerk zum Austausch und Wissenstransfer gefördert wird und entsteht. 

Der Ansatz schafft ein Gefühl des „Gemeinsam schaffen wir das“ bei dem die individuellen Rollen und Aufgaben so bedeutsam erscheinen, dass die handelnden Personen sich gerne engagieren. Dieser Ansatz ist andererseits mit einem hohen Aufwand bei allen Beteiligten verbunden, besitzt aber eine hohe Wahrscheinlichkeit qualitativ vergleichbare Ergebnisse in der gesamten Organisation zu erzielen. 

Er eignet sich damit gut für Veränderungen, die unternehmensweit gleichmäßige bzw. gleiche Ergebnisse liefern sollen. 

Emergent Change“ verläuft sanfter, ist dafür aber auch weniger konkret und vergleichbar in den Ergebnissen. Bei ihm

  • gibt das Management eine vage Idee und Intention, aber keine klare Richtung vor,
  • wird der Rahmen durch wenige aber sehr klare und eindeutige Regeln definiert,   
  • sind die Führungskräfte frei in der Wahl ihres Fokus und können sich Raum für Experimente nehmen, 
  • erhalten die Führungskräfte schnelles Feedback und damit die Chance zur Reflektion und zur Verbreiterung und Vertiefung von Change Know-how bei sich und den Beteiligten, 
  • ergeben sich  gegebenenfalls divergente Entwicklungen in den unterschiedlichen Teilorganisationen,
  • müssen die Führungskräfte Entwicklungen im eigenen Bereich und bei anderen intensiv beobachten und sich mit anderen, parallel aktiven Gruppen austauschen,
  • stellen die Führungskräfte „nur“ den Rahmen für die zu gehenden Schritte,
  • bringen die Beteiligten gemeinsam organisiert die Entwicklung voran.

Emergent Change eignet sich besonders für schnelle Veränderungen, bei denen es keine negativen Auswirkungen hat, wenn in den verschiedenen Teilorganisationen unterschiedliche Lösungen implementiert werden.

Die anderen beiden identifizierten Changetypen werden als „Directive Change“ bzw. „Self-assembly Change“ bezeichnet. 

Beim „Directive Change“ wird der Veränderungsprozess sehr eng von den Führungskräften gesteuert und kontrolliert, ohne aber die Betroffenen und Beteiligten aktiv einzubinden. Sie bzw. ihr Umfeld soll verändert werden, ohne, dass die Einfluss nehmen oder selbst hilfreiche Kompetenzen aufbauen können. Ein Ansatz, der schon heute häufig scheitert und in der Zukunft auch keine Aussichten auf zurückkehrenden Erfolg mehr haben wird. 

Beim „Self-assembly Change“ wird zwar von den Top-Führungskräften entschieden und eng kontrolliert, was zu tun ist, die Betroffenen werden aber mit der Lösung im Wesentlichen alleine gelassen. In der Folge werden, gerade bei umfassenderen Change-Projekten, die in vielen kleinen Einheiten sehr unterschiedlich umgesetzt werden, auch sehr viele unterschiedliche Ergebnisse erzielt. Vom totalen Scheitern bis zum 100% Erfolg ist alles möglich. Meist bleibt ein bisschen was bei den Betroffenen hängen, aber Nutzen stiftet das Vorgehen kaum.

Insgesamt zeigt sich , dass der Erfolg wesentlich davon abhängt, welcher Rahmen für das Denken und Handeln in der Organisation etabliert wurde. Dazu lohnt sich noch einmal den Entwicklungszyklus einer Organisation anzusehen. 

Constitution > Concept > Construction > Chaos  usw.

In Organisationen lassen sich regelmäßig vier Phasen eines Entwicklungszyklus beobachten. In ihnen werden die Grundlagen für sehr unterschiedliche Elemente des späteren Gesamt(Kunst)Werks gelegt werden. 

  1. Constitution: In den Anfangstagen eines Unternehmens, einer Organisation oder auch „nur“ eines Team wird bewusst oder unbewusst „festgelegt“, nach welchen Basisparametern und mit welchem kulturellen Kern es agieren wird. Es geht um Frage wie: „Was ist die Aufgabe/den Auftrag?“, und „Wie wollen/sollen die Menschen darin miteinander und mit anderen umgehen?“. Die Antworten auf diese Fragen sind naturgemäß so unterschiedlich, wie die Themen und die Menschen. Damit ist diese Grundlage auch immer eine unterschiedliche. Geht es etwa darum, als Startup eine neue Idee mit allen verfügbaren Ressourcen und Ideen aggressiv in den Markt zu tragen, stellt man sich anders auf, als beim Versuch eine Ladengeschäft etablieren, das die Kunden begeistert und dessen Lieferanten ihre Marge minimieren. Es geht bei den Fragen darum, das übergreifende Ziel zu schärfen, das idealerweise dazu dient, Menschen dahinter zu vereinen und ihnen einen Identifikationspunkt zu geben. Zugleich geht es darum, das „Wie“ des Miteinanders zu klären. Giftet man sich an? Ist man übertrieben freundlich? Darf, muss, soll man ehrlich und vertrauenswürdig agieren? Alles hat seinen Zweck und zugleich Auswirkungen. Darum ist es so wichtig. Hier werden die Grundlagen des Gesamtsystems gelegt und diese sind, da sie sehr tief in der Gesamtstruktur stecken, ausgesprochen hartnäckig, falls man später etwas dran drehen und verändern will. Also aufgepasst!
  1. Concept: Die zweite Phase geht es um Rollen, Richtlinien und Regeln. Sie dient dazu, aufs der „verfassungsgebenden“ Idee Grundprinzipien der Zusammenarbeit abzuleiten und zu verankern. Dabei sind die wichtigsten Fragen: „Welche Rollen und Aufgaben gibt es im Unternehmen?“, „Wonach richten wir uns?“ „Wie viele und welche Regeln helfen uns zugleich fokussiert und anpassungsfähig zu sein?“ Die Concept-Phase ist die, in der die Grundlagen für Entscheidungs- und damit Machtstrukturen gelegt werden. Hier entscheidet sich, wie zentral oder dezentral, wie eigenständig oder eng geführt, wie stabil oder flexibel die Organisation agieren kann. 
  1. Construction: Aufsetzend auf der Constitution und dem Concept werden hier Antworten auf Frage nach (Macht)Strukturen, Hierarchien, Prozessen und Entscheidungswegen implementiert. In der Construction werden Aufgaben definiert und Rollen festgelegt. Es ist die Zeit der Detailplanung und der Arbeit in der Tiefen der Wertschöpfungsketten und Ablaufplanungen. 
  1. Chaos: Und dann treffen alle diese wichtigen und oft richtigen Überlegungen auf das reale Leben. Meist wächst das Chaos mit der Arbeitsbelastung an. Manches, was als hilfreiche Struktur gedacht war, offenbart sich als schwarzes Loch. Manche Rollen erscheinen überflüssig, manch übermächtig, wieder andere können von ihren Inhabern nicht ausreichend ausgefüllt werden. Themen, die übersehen wurden oder neu auftauchen, etablieren sich (wie) von selbst oder verlaufen im Sande und streuen Sand in die so perfekt eingestellten Zahnräder des Zusammenspiels in der Organisation. Die Notwendigkeiten stellen die vielen guten Ideen gnadenlos auf den Prüfstand. Neben dem, was wirklich gut durchdacht war, überlebt auch so manches Element, dem plötzlich der Kontext abhandengekommen ist. Dieses Unplanmäßige erzeugt, wenn es unerkannt bleiben oder nicht angesprochen werden darf oder kann, ein wachsendes Unwohlsein, Unmut und Demotivation. Kluge Unternehmen haben daher mitten im Chaos Fluchträume und Reflektionspunkte etabliert, in denen man gemeinsam über Anpassungen in den drei ersten Phasen nachdenken und diese einbringen kann. Wem das nicht gelingt, der versinkt nach und nach im Chaos.

Zeigt sich nun die Notwendigkeit Veränderungen vorzunehmen, ist es wichtig zu erkennen, auf welcher Ebene bzw. in welcher Phase diese ansetzen sollten. Denn Menschen sind zwar unglaublich anpassungsfähig, aber sie passen sich nur ungern aufgrund direkten (sozialen oder hierarchischen) Drucks an. Die Entwicklung vollzieht sich leichter, wenn Sie sich „nur“ an verständlich gemachte, für alle gleichermaßen geltende und konsequent umgesetzte und eingehaltene, neue Rahmenbedingungen anpassen müssen. Die Umwelt und das Umfeld prägen das Verhalten des einzelnen. 

Bildschirmfoto 2023 10 23 um 17.02.41 1

In meiner Umfrage hatte ich danach gefragt, wo die Teilnehmenden einen Veränderungsprozess starten würden. 53% würden bei den Denk- und Handlungsmustern ansetzen, 19% bei Macht(&)Strukturen und 23% bei Vorgaben und Prozessen. 

Egal, welchen Ansatz man konkret nutzen will, das „Chaos“ ist kein geeigneter Ort, um das zu tun. 

Denk- und Handlungsmuster werden, sofern sie grundlegend sind, in der „Constitution“, und wenn sie mehr den Alltag beschreiben, im „Concept“ festgelegt. Der Hebel für „Macht(&)Strukturen“ findet sich vor allem im „Concept“ und teilweise in der „Construction“ während „Vorgaben und Prozesse“ sich in der „Construction“ finden. 

Hier gibt es bewusst und reflektiert zu betrachten, welche Zielsetzung die geplante Veränderung hat und welche Stellschrauben dazu gedreht werden müssen. Doch Vorsicht! An einer Schraube zu drehen, hat immer auch Auswirkungen auf die benachbarten Schrauben. Jede Veränderung am System zieht Wirkungen an anderen Stellen nach sich, die wiederum auf die ursprüngliche Veränderung wirken können. Es ist ein Eingriff in ein System, der durchdacht und behutsam erfolgen sollte. Am Menschen selbst sollte er (fast) nie ansetzen, denn das diese Individuum umgebende soziale System ist so komplex und dynamisch, dass die Auswirkungen selten im Vorfeld bedacht werden können. 

Die Organisation ist ein System, das dauerhaft inneren und äußeren Einflüssen ausgesetzt ist, und das sich zudem selbst beeinflusst. Dieser systemische Zusammenhang macht jede organisationale Veränderung schwierig. Um so wichtiger ist es, diese mit hinreichender Ruhe und Sorgfalt anzugehen.   

Mein Rat

Die erste Frage sollte sein: Worum geht es wirklich? 

Daran schließt sich ganz natürlich an: Was ist wichtig? Sollen die Beteiligten ihre Kompetenzen vergrößern? Sollen möglichst einheitliche Ergebnisse am Ende stehen oder darf bzw. soll eine gewisse Vielfalt entstehen, die gegebenenfalls die Resilienz des Unternehmens stärkt? Wie sehr kann und will die Top-Managementriege die Entwicklungen laufen lassen oder kontrollieren? Wie schnell soll der Prozess ablaufen? Ist Zeit oder drängt es? 

Die Antworten ergeben, wie an einem Audiomischpult, eine Grundstimmung, mit dem man das Gesamtwerk weiter planen kann. 

Dann kann man darüber nachdenken, welche Auswirkungen die Entscheidung über den Change-Ansatz für die Umsetzung hat. 

Wer Change umsetzen will und dabei etwa darüber nachdenkt „Denk- und Handlungsmuster“, „Macht(&)Strukturen“ und/oder „Vorgaben und Prozesse“ zu ändern, muss immer auch die Rahmenbedingungen und Basisparameter im Auge behalten und sollte dort ansetzen, statt beim Menschen. Die organisationalen, sozialen und am Ende auch gesellschaftlichen Werte und Normen prägen unsere Umgebung und uns. Es ist wie in der Oper oder im Fußballstadion, Menschen wissen, welchen Normen sie entsprechen sollten (zumindest die meisten), was toleriert wird und was nicht.

Einzelnen oder Gruppen eine Verhaltens- oder gar Haltungsänderung aufzuzwingen ist hingegen frei von jeder Sinnhaftigkeit und bringt nur Stress und Demotivation für alle Beteiligten. 

Zusammenarbeit und die zugehörige Kultur mit ihren Werten, Normen und ihrer Ethik sind das, was entsteht, wenn Menschen unter gewissen Rahmenbedingungen zusammenkommen. Diese Rahmenbedingungen sind gestaltbar und sollten immer wieder bewusst auf ihre gewünschten und nicht-gewünschten Wirkungen hin betrachtet werden. 

Last, but not least: Sich vom Alten lösen

Nicht nur im Change gilt: Es wird immer Abhängigkeiten zum Beispiel von vorherigen Entscheidungen zu Produkten, Prozessen, Strukturen etc. geben. Manche dieser Abhängigkeiten lassen sich voraussehen, andere tauchen erst im „Chaos“ auf. Viele davon sind für die Beteiligten selbst unsichtbar, weil sie im Arbeitsalltag den sprichwörtlichen Baum im Wald nicht mehr sehen können. Hier ist dringend Hilfe von unbeteiligten Außenstehenden angeraten, sonst besteht die positiv gemeinte Weiterentwicklung zu torpedieren, oder gar im Keim zu ersticken. Neue Perspektiven und veränderte „Flughöhen“ bringen auch hier oft einen frischen Blick auf neue Möglichkeiten. 

Wie chaosrobust und überraschungskompetent seid ihr?

Wie chaosrobust und überraschungskompetent seid ihr?

Ein Überblick über die 5 Ebenen, die Chaos erzeugen oder verhindern können.

Chaos muss heute, mehr denn je, ein lebendiger Teil jeder Strategie sein. Das interne Chaos, gepaart mit den Überraschungen, mit der die Umwelt aufwartet, sind eine Kombination, die zwischen Lähmung und Energiestößen alles bereithalten kann. Vor Überraschungen muss nicht mehr gesondert gewarnt werden, Überraschungen sind Teil der neuen Normalität, sie sind Ausdruck eines sich schnell wandelnden Umfelds, insbesondere in einer, sich immer mehr im alten verankernden Gesellschaft.  

Was hilft, ist das innere Chaos zu reflektieren. Vieles davon ist hausgemacht. Sowohl auf individueller, als auch auf organisationaler Ebene. 

Was tun, wen Du das Gefühl hast, dass das Chaos bei der Arbeit Dir über den Kopf wächst? 

  1. Zieh den Kopf ein – nicht, damit Du aus der Schusslinie gerätst, okay, das vielleicht auch. Aber eigentlich, um Dir eine, oder fünf Minuten Zeit zu geben, über die Ursachen nachzudenken. Oft ist nicht das offensichtliche der Auslöser, sondern vieles ist tief im System, in den Routinen und im alltäglichen Wahnsinn verankert.
  2. Kläre für Dich, auf welcher der folgenden 5 Ebenen der Auslöser angesiedelt ist:
    1. Individuell: Liegt es an Dir als Mensch? Hat das Chaos bei Dir seine Ursache, weil Du die Dinge (noch) nicht ausreichend im Griff hast? Dann finde das Wissen, das Dir hilft besser klarzukommen und bau die Fähigkeiten auf, dem Chaos Struktur und Erwartbarkeit zu geben, denn dann kannst Du Dich vorbereiten und eine gute Vorbereitung ist nicht alles, aber enorm beruhigend.
    2. Im außen: Ist das Chaos quasi als Naturgewalt auf Dich und Dein Team eingebrochen? Gab es keine Vorzeichen, Warnungen oder Hinweise? Dann hast Du Pech und großes Glück, denn auch hier ist Vorbereitung möglich (und vielleicht doch alles). Schau Dir zusammen mit Deinem Team die worst-case Szenarien an, versetzt Euch in das alltägliche und das fast unmögliche, erkennt, welche realistischen Chancen ihr habt und was ihr braucht, um all das zu meistern. 
    3. Bei den Prozessen und Strukturen: Hier wird es interessant, denn wir haben die Ebene erreicht, an der man wirklich etwas verändern kann. Chaos, das entsteht, weil intern Prozesse und Strukturen nicht mehr zu dem passen, was das Geschäft erfordert, sind zwar (eigentlich) die Regel und (eigentlich) leicht zu beheben, aber (meist) macht doch keiner was. Warum? Weil die Lösung irgendwo im Nirwana des Organisationsdesigns steckt, kaum jemand weiß, wie das funktioniert und noch wenigeren bewusst ist, welche Auswirkungen Veränderungen hier haben. Es ist die Büchse der Pandora, es ist ein schönes Übel, aus ihr können Laster und Bedrohungen entweichen, aber sie enthält auch die Hoffnung. Das Organisationsdesign gibt Ordnung und Fokus, Ankerpunkte und Lösungswege. Aber es ist, bei aller Mühe, niemals vollständig und wirklich umfänglich für das „reale Leben“ geeignet. Es birgt immer auch Lücken und Stolpersteine. ABER, es birgt auch immer die Möglichkeiten aus Erfahrungen zu lernen und das Design so zu verändern, dass es besser passt. Manchmal trauen sich Menschen und Organisationen dies zu tun, oft gelingt es – manchmal nicht.
    4. Bei den Zielsetzungen und Strategien: Wenn das Organisationsdesign eigentlich gut passt und es ermöglichen könnte, dass alles „smooth“ läuft, lohnt es, sich die Zielsetzungen und Strategien selbst anzusehen. Hier, auf dieser übergeordneten Ebene, auf der auch die Regeln beschrieben werden, nach denen die Organisation ihre Aufgaben vollbringen soll, hat so mancher Widerspruch seinen Ursprung. Widersprüche, die am Ende das reale Arbeitsleben durcheinanderbringen, weil sie unnötige Spannungen und Kontroversen erzeugen. Diese anzusprechen und aufzulösen kann oft  helfen, zumindest, wenn in der Folge auch das zugehörige Organisationsdesign angepasst wird. Auf dieser Ebene zu arbeiten kann viele Probleme lösen und viel Chaos verhindern, bevor es entsteht.   Muss es aber nicht.
    5. Ganz an der Basis, bei der beabsichtigten Wirkung, Kultur und den Grundwerten: Wenn das Chaos seinen Ursprung in einem inkonsistenten Fundament hat, kann der Rest der Organisation darauf nicht stabil stehen. Wie bei einem Kartenhaus muss hier alles zusammenpassen. Daran zu arbeiten erfordert Verständnis und Willen bei den Top-Entscheidern, wenn dies vorhanden ist, kann man dafür auch vieles in geordnetere Bahnen lenken. Und doch. Jede Änderung hier zieht logischerweise (mindestens) eine bewusste, genaue Reflektion der Regeln, Zielsetzungen und Strategien nach sich. Und jede Änderung an dieser Stelle mögliche Anpassungen bei Routinen, Prozessen und Strukturen, und die wiederum bei allen, die irgendwie damit zu tun haben. 

Alles in allem, wenn Du feststellst, dass Dir die Arbeit besser gelingt, wenn Du den kleinen Dienstweg benutzt, wenn sich Schattenorgansationen aufbauen, die die Dinge entscheiden, weil alles andere zu lange dauert, wenn ihr alles „schon immer so gemacht“ habt, und es dennoch nicht funktioniert. Wenn die Überladung, die Reibungsverluste, der Mangel an Energie, sprich das Chaos immer größer wird, dann ist Zeit etwas zu ändern. Am einfachsten wäre es, wenn es nur daran läge persönliche etwas Neues zu lernen. Ganz oft ist das aber nicht das eigentliche Problem.

Wenn Du mehr darüber erfahren willst, wie die Ebenen „Chaos“, „Construction“, „Concept“ und „Constitution“ zusammenhängen, wer darin welche Verantwortung trägt, wie Selbstorganisation dieses Zusammenspiel beeinflusst, welche Fähigkeiten Deine Organisation aufbauen kann (und sollte), um überraschungskompetenter und chaosrobuster zu werden und wie Du (neue) Wege gehen kannst, dann melde Dich einfach per mail oder Direktnachricht bei mir.

Bis dahin, viel Glück!

Raus aus der Stressfalle!

Raus aus der Stressfalle!

Wir wissen leider alle viel zu viel über Stress. Trotz aller (Er)Kenntnis erleben wir ihn immer wieder. Gehetzt im Privatleben, Zeitdruck und negatives Feedback im Arbeitsleben. Da braucht es niemanden, der noch kluge Ratschläge gibt.

Allerdings scheint es, als seinen doch ein paar Hinweise angebracht, denn der meiste Stress im Arbeitsleben entsteht nicht, weil wir zu blöd zum Arbeiten sind, sondern weil wir zu blöd zu sein scheinen, die Systeme, in denen wir arbeiten, so zu gestalten, dass Arbeit stressfreier wird. Oft sind es eher die Rahmenbedingungen, der Zugang zu Ressourcen oder mangelnde Transparenz, die zu schlechter Kommunikation, zu Druck und zu unklaren Entscheidungswegen führen.

Jetzt kommt sicherlich von einigen die „Ja, aber mein Chef“… als die Ursache allen Übels. Ja, es gibt Chefs, die so sind, es gibt echte, na(rr)zistische Ar……er darunter. Menschen, die dazu nicht geeignet sind und den Job dennoch machen (dürfen). Ja, richtig. Der einzige Tipp der hier hilft: man diese im Grunde nur verlassen, um ihnen zu entgehen.

Aber es gibt die Masse der anderen Führungskräfte, die sich durch das/die Systeme, in denen sie agieren (müssen) selbst so gestresst fühlen, dass sie nicht besser damit umzugehen wissen, als diesen Stress einfach weiterzugeben.

Der Stress, der von diesen ausgeht, resultiert aber aus einer Schwäche des Systems, die man angehen und abstellen kann. Man muss es nur als solche erkennen und angehen.

Dazu dann gleich ein paar Empfehlungen.

Hormoneller Giftcocktail

Wie Stress wirkt, muss ich hier kaum beschreiben. Nicht anders als vor tausenden Jahren, als wilde Tiere oder Kampf Stress auslösten, schießen u.a. Adrenalin und Cortisol in unsere Blutbahn. Flucht- und Kampfinstinkte erhalten freien Lauf, wir sind extrem fokussiert und schalten die Bereiche des Gehirns weg, die zum Denken zu lange brauchen würden. Dafür erhalten unsere Muskeln maximale Energien, zugleich werden Schmerzreize unterdrückt. Wir können kämpfen bis zum umfallen – aber nicht darüber nachdenken, welche anderen Optionen wir haben. Bei akutem Stress sind Magen, Darm und alles, was uns bremsen könnte, außer Funktion. Das geht hin, bis zu einem abgeschwächten Immunsystem und einer im Gegenzug besseren Blutgerinnung. Die Hormone steuern uns. Hormone, die man am besten durch körperliche Aktivität abbaut. Körperliche Aktivität, die wir am Arbeitsplatz meist nicht haben. So bleibt vor allem Cortisol länger im Körper und baut nach und nach einen inneren Zustand von Dauerstress auf.

Stress, der immer individuelle Auswirkungen hat, aber durch die Organisation (unserer Arbeit) system(at)isch getriggert ist und sich dort allerdings fast nie sinnvoll abbauen lässt.

Ein Zustand, den Unternehmen ernst nehmen sollten, denn er kostet Zeit, Geld und reduziert (in zu hohem Maß) die Leistungsfähigkeit der Mitarbeitenden.
Problematisch ist, dass ein bisschen Stress durchaus hilfreich und gut sein kann. Ein (individuell) zu hoher Stresspegel ist es nicht.

Ein „Stress-deep-dive“ 

Um den Ursachen näherzukommen lohnt es, ein wenig tiefer ins Thema Stress einzusteigen, denn erstaunlich viel davon ließe sich bereits am grünen Tisch eliminieren. Der erste Punkt ist sicherlich, sich die Stressoren bewusst zu machen, denn der berühmt-berüchtigte Säbelzahntiger ist erstaunlicherweise heute in Unternehmen kaum noch präsent. Dafür erleben wir zu oft Dinge wie: Überlastung, inhaltliche Überforderung, Zeitdruck, häufige Arbeitsunterbrechungen, schlechte Arbeitsorganisation in Form von schlecht funktionierenden Prozessen und ungeeigneten Strukturen, sinnbefreite Zeitfresser-Meetings,  Intransparenz, Konflikte, Lärm, einseitige körperliche Belastungen, Unfairness, manchmal auch illegitime Tätigkeiten u.v.a.m.

Vieles davon ist dabei nicht auf das individuelle Arbeitsverhalten und den verinnerlichten Arbeitsethos zurückzuführen. Die Masse dieser Stressoren könnte relativ leicht von denjenigen aufgelöst werden, die das Betriebsmodell der Organisation definiert, das Organisationsdesign entworfen und den organisationalen (Anpassungs-)Fähigkeiten Raum (bzw. zu oft leider zu wenig Raum) gegeben haben.

Weil ich es für so wichtig halte, hier ein paar mehr Details zu diesem Thema, zu dem ich aktuell die 6-teilige Artikelreihe von @Alec Leverson und @Dr. Johanna Anzengruber über „Organization Capability“ nur empfehlen kann.

Drei grundlegende Elemente jeder Organisation: das ‚Betriebsmodell‘, das ‚Organisationsdesign‘ und die ‚Organisationale Fertigkeiten‘ sind unter anderem in hohem Maß entscheidend dafür, wie viel generelles Stresspotenzial eine Organisation in sich trägt.

Das Betriebsmodell definiert konzeptionell, wie Ressourcen genutzt, Prozesse und Strukturen angelegt werden, um die grundlegende Zielsetzung, die Intention des Unternehmens umzusetzen. Es beschreibt, wie das Unternehmen organisiert, koordiniert und ausgerichtet ist, um die Mission und Strategie zu erfüllen. Sie bildet die Grobstruktur des Unternehmens und gibt Leitlinien vor.
Es bestimmt damit, ob das Unternehmen ein eher modernes Regelwerk nutzt oder nach den guten alten, traditionellen (und *Ironie ein* früher immer richtigen *Ironie aus* 😉 Prinzipien und Parametern funktioniert.

Das Design der Organisation grenzt ab, wie sie strukturiert ist, einschließlich der Rollen, Verantwortlichkeiten, Berichtslinien und anderer formaler Beziehungen. Es legt die Hierarchie, die Prozesse, die Arbeitsteilung und die Koordinationsmechanismen fest, einschließlich der Differenzierungen zu und von Funktionen und Teams.

Die Fähigkeiten/Fertigkeiten/Möglichkeiten/Kompetenzen der Organisation (Organizational Capabilities) erlauben ihr, Leistung zu erbringen und auf Veränderungen zu reagieren. Sie helfen Abläufe, Prozesse, (Entscheidungs-)Wege und Kommunikation zu optimieren. Da die Anforderungen an diese Optimierung sich stetig verändern können, führen sie (idealerweise) zu einem sich stetig anpassenden und verbessernden Organisationsdesign und Betriebsmodell. Sie sind Inhalt und Ergebnis der Ausführungs- und Lernphase der Organisation. Betriebsmodell und Organisationsdesign sind also eher wie eine Reihe von Richtlinien oder Leitplanken zu behandeln, die eine beträchtliche Flexibilität zulassen sollten statt als statische Pläne und Fakten.

Wie daraus Stress entsteht? Ganz einfach, indem diese drei auf sich aufbauenden Teile als relativ statisch angesehen werden. Doch in einem System, das nicht nur äußeren, sondern auch inneren Einflüssen unterliegt, durch neue Mitarbeiter, neue Anforderungen der Kunden, veränderte Ziele und Aufgabenteilung etwa, kann und darf nichts statisch sein. Wird die Arbeit, die dieses System leisten soll, dennoch so gehandhabt, bleiben Prozesse, Strukturen und Entscheidungswege unverändert, entstehen Konflikte und Stress in der und durch die Organisation, die sich auf alle auswirken.

Ist man sich dieses Spannungsfelds bewusst, ist es leicht für die Organisation Stress systemisch und strukturell zu vermeiden. Der Schlüssel ist das Verständnis für die Anpassungsfähigkeit und -notwendigkeit von Management Design (als Oberbegriff für die drei genannten Elemente) und von Feedbackloops, die den Veränderungsbedarf kanalisieren und konstruktiv nutzbar machen. Ziel ist dabei alle drei Grundpfeiler der Organisation aufeinander abgestimmt und kontinuierlich weiter zu optimieren, um sie einer sich verändernden Um- und Innenwelt anzupassen. Wobei sich die Notwendigkeit zur Kontinuität allein schon dadurch ergibt, dass die drei Elemente sich gegenseitig beeinflussen. So führt die Weiterentwicklung bei einem Element fast automatisch zu Anpassungsbedarf bei einem anderen. Es entsteht ein (klassisch) iterativer Prozess der Verbesserung. 

Spannend ist, dass Unternehmen mit relativ modernen Managementmodellen scheinbar weniger organisational verankerten Stress erzeugen. Das workLIFE Barometer 2023 zeigt hier bei allen hierfür relevanten Fragestellungen deutliche Vorteile gegenüber traditionell agierenden Unternehmen.

So, und nur? Was kann ich tun?

Da die Auslöser für Stress also in zwei Lagern zu suchen sind, beim Individuum und seiner Reaktion auf Belastungen und bei der Organisation selbst, sollte man sie immer auch von beiden Seiten aus angehen. 

Dabei ist es wichtig, sowohl die individuellen Wahrnehmungen und Erfahrungen, als auch die organisationalen Rahmenbedingungen, Annahmen und die Arbeitskultur zu betrachten, wenn man negativ wirkenden Stress minimieren will.

Wie so oft bietet eine bewusste Beobachtung einen guten Einstiegspunkt. Relevante Reflektionsfragen dazu sind auf der individuellen Ebene etwa:

– Wie gehst du damit um, wenn du gestresst bist? Welche Maßnahmen/Mechanismen kennst du, um vorhandenen Stress (Hormonbelastung, psychische Belastung) abzubauen? Welche Freiräume brauchst du dafür?

Oder zum tieferen Einstieg:

  • Woran erkennst du, dass du gestresst bist?
  • Was muss geschehen, damit du dich gestresst fühlst?
  • Was muss geschehen, damit du dich nicht gestresst fühlst?
  • Was muss geschehen, damit du rechtzeitig aus Situationen aussteigst, von denen du weißt, dass sich dich stressen?
  • Begibst du dich bewusst in Situationen, in denen du negativen Stress empfindest? Warum? Wann passiert das? Wie passiert das?
  • Wie geht dein Umfeld damit um, wenn du erkennst, dass du gestresst bist?
  • Woran erkennst du selbst, dass du gestresst bist?
  • Wie viel Stress tut dir gut?
  • Welche Indikatoren weisen früh (genug) darauf hin?
  • Wie beugst du vor, um nicht in Situationen zu kommen, in denen du übermäßigen Stress empfindest? Wie kann dein Umfeld dir dabei helfen?

Auf der organisationalen Ebene sind zwei geeignete Fragestellungen:

  • Mit welchen Maßnahmen, Strukturen, Zielen und Routinen erzeugt die Organisation bei ihren Mitarbeitenden übermäßigen negativen Stress?
  • Welche Ressourcen und Möglichkeiten stehen den Mitarbeitenden zur Verfügung, um mit ihrem individuellen Stress besser um zugehen, ihn abzubauen oder ihn zu vermeiden?

Allerdings reichen diese nicht aus, um den Themen wirklich auf den Grund zu gehen. Wer dies will, muss tiefer einsteigen und damit starten, die Zusammenhänge umfassender verstehen zu wollen. Oftmals für viele, auch erfahrene Manager ein Augenöffner. Wie das geht, erläutere ich gerne im Einzelgespräch – dafür fehlt hier einfach der Raum.

Die Ansätze, um individuell gegenzusteuern kennen viele. Sie drehen sich um das eigene Selbstverständnis und eine gesunde Lebensweise zum Ausgleich der hormonellen Auswirkungen von Stress. Klassiker sind ein bewussteres und effektives Zeitmanagement, die Schaffung von Raum für regelmäßige kurze Pausen, tägliche Achtsamkeitsübungen und Meditation, eine offenere Kommunikation mit Vorgesetzten und Kollegen über Arbeitslast, Herausforderungen und Bedürfnisse, mehr körperliche Aktivität, eine ausgewogene Ernährung und natürlich Entspannungstechniken wie Atemübungen oder progressive Muskelentspannung.

Und auch auf Seite der Organisation gibt es Klassiker, die immer wieder empfohlen werden, wie etwa die Möglichkeit, flexible Arbeitszeiten zu nutzen, die Option, von zu Hause aus zu arbeiten, eine offene und transparente Kommunikation, die Bereitstellung von Möglichkeiten für sportliche Aktivitäten oder Fitnesskurse, die Förderung der mentalen Gesundheit, eine klare und realistische Aufgabenverteilung, mehr Anerkennung und Lob für gute Arbeit, eine unterstützende und kooperative Teamkultur.
Alles Themen, die viele Unternehmen nutzen, und dennoch ist der Stress weiterhin (fast) allgegenwärtig.

Alles gut, doch alles auch nur geeignet, um die Symptome zu lindern. 

Wie viel wirksamer wäre es, an den Ursachen zu arbeiten und der Falle zu entkommen?!