Erwachsen mit Erwachsenen zusammenzuarbeiten – das ist wohl das wesentlichste Kernelement „neuer Arbeitswelten“ und damit ein Bereich, der uns alle derzeit (vor sich her)treibenden Digitalisierung. In Organisationen zugleich Raum für persönliches, individuelles als auch gemeinsames Wachstum zu geben, ist unumgänglich, um den Sumpf tradierter Strukturen zu überqueren und mit frischen Impulsen neue Wege zu beschreiten.
Doch unser Wunsch nach Stabilität und Sicherheit, unsere Erfahrungen in den alten Systemen, unsere Lern- und Fehlerkultur, lange gelehrte Führungs- und Organisationsstrukturen, unsere Furcht vor nicht im Detail „kontrollierbarer“ Veränderung, die möglichen Risiken für Status und ganz persönliche Karriere – das alles blockiert uns. Das alles verhindert, diesen Teufelskreis zu überwinden. Das alles wird in den nächsten Jahren eine Unzahl an Unternehmen von innen heraus zerstören, weil ihnen der Rahmen fehlt, um mit einer neuen Umwelt umzugehen. Es zerstört Arbeitsplätze, weil wir die Anpassungsfähigkeit und Kompetenz die wir besitzen, nicht einbringen können.
Wir versuchen Agilität, Scrum-Ideologie, unternehmerische Ansätze und Innovation in Change Projekte zu pressen. Doch Einzelmaßnahmen sind zwar geeignet einzelne auf dem Weg weiter zu bringen. Unternehmen können sie heute nicht mehr retten.
Was uns helfen kann ist ein neues Verständnis für einen Weg in die Zukunft. Ein Verständnis, dass auf einer Haltung basiert, die für schnelle, kontinuierliche, kleinteilige und gleichzeitig visionserreichende Entwicklung öffnet und die dabei imstande ist möglichst viele, wenn nicht sogar alle, mitzunehmen. Ein Verständnis für eine Entwicklung, die Change obsolet macht, weil sie ständige Veränderung und Anpassung ermöglicht. Die Räume öffnet, in denen alle interessierten Stakeholder sich einbringen können und wollen. Die das Unternehmen zu einer Arbeits-Gemeinschaft macht in der interdisziplinär, (innere und äußere) Grenzen überschreitend – vielleicht sogar in fluiden Netzwerken – zusammengearbeitet wird.
 
Doch – unser jetziges Verständnis von Veränderung, von Unternehmens- und Organisationsentwicklung, von Projekten und „Change“ ist zumeist diametral von diesem neuen Bild entfernt.
Wie also, könnte ein Weg, ein Modell und eine Methodik aussehen, die uns – falls wir dies wollen – diesem „Ideal“ ein wenig näher bringt.
Ich lade Sie zu einem (Gedanken-)Experiment und einer kleinen Reise mit dem Ziel ein, ein solches Modell zu skizzieren.
 
Noch letzte Woche wurde ich von einem Kollegen öffentlich zu meiner Meinung bzgl. eines Auftrags gefragt. Er schilderte mir grob die Fragestellung des Unternehmens, dass auf ihn zugekommen war. Die Frage war sehr konkret und zugleich weitläufig. Es ging darum, wie man die Organisationsstruktur für dei Zukunft anpassen solle und welches Strukturmodell das Beste sein.
Doch diese konkrete Fragestellung ist nicht zielführend, denn (Sie ahnen es) es gibt sie nicht DIE ideale Struktur. Wie in jedem komplexen System hängt es auch dieses Unternehmen von den Rahmenbedingungen, den Menschen, dem Umfeld, den Kunden, den Partnern ab, in, mit und für die es aktiv ist. DIE Lösung ist also eine organisationsindividuelle. Und DIE Lösung kann niemand auch nur im Ansatz sinnvoll erahnen, der das Unternehmen nicht bewusst und umfassend betrachtet und reflektiert hat. Ob er/sie im Unternehmen sitzt, oder als externen befragt wird – jeder der ohne eine echt gute gemachte und fundierte Evaluation eine Artwort gibt ist das, was man früher als Scharlatan und Quacksalber bezeichnet hätte.
Daher beginnt der Weg des Gedankenexperiments genau bei dieser immer notwendigen bewussten Evaluation und Reflexion. Denn es muss zunächst auch darum gehen, die Organisation zu entschlacken, überflüssige Pfunde loszuwerden und Klarheit zu gewinnen. Die Organisation kann von vorhandenem Ballast befreit und die weitere Arbeit so gestaltet werden, dass es im individuellen Einzelinteresse ist, zum Wohle der gesamten Unternehmung zusammen zu agieren.
 
Eingehende Betrachtungen der mentalen Modelle, eine stärkere Vernetzung, verbesserter Austausch über von Informationen und Kollaboration über (alte) strukturelle und mentale Grenzen hinaus, sind die Ansätze, die in komplexen und dynamischen Umfeldern den Zugang zu einem möglichst großen Reservoir an Kompetenz, Wissen, Ideen und Impulsen sichern. Es geht darum neue Muster der Zusammenwirkens zu verstehen, zu gestalten und so die vorhandenen Potenziale für eine erhöhte Produktivität, mehr Effektivität oder höhere Effizienz, zu erkennen und nutzbar zu machen.
Grundanforderungen an eine erfolgreiche Zusammenarbeit, die auf die Mitwirkung und Verantwortungsübernahmen der Beteiligten aufbaut, sind der sukzessive Aufbau von Vertrauen, Verbundenheit, Vernetzung, Autonomie, Partizipation und Transparenz sowie die Möglichkeit jedes einzelnen einen persönlichen Erfolg im Gesamterfolg zu wahrzunehmen.
 
Wenige der heutigen Entwicklungs-/Veränderungsansätze beziehen diese Haltung aktiv und konsequent in ihren Ablauf ein – auch weil es aus der Position der steuernden Gestalter und Führungskräfte quasi unmöglich ist, dies umzusetzen. In unseren heutigen Arbeitsstrukturen lässt sich niemand zur Kooperation mit all seinen Fähigkeiten und Kompetenzen zwingen. Kerkerhaft und Folter stehen als Disziplinarmaßnahmen in keinem Arbeitsvertrag – und auch damals, als das noch ging, war dies nie wirklich effektiv und effizient.
 
Wie wäre es – beim nächsten Schritt auf dem Weg durch dieses Gedankenexperiment – sich einen kontinuierlichen Zyklus vorzustellen, der es einer Organisation immer wieder ermöglicht, sich an Veränderungen anzupassen, oder sich bewusst innovativ selbst an die Spitze der Entwicklung zu setzen.
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Dies wäre möglich, wenn

  • man auf die Identifikation und Bearbeitung von Ursachen, statt der von Symptomen setzt.
  • man den Mut hat, sich auf die bewusste (Selbst-)Reflexion der Organisation einzulassen.
  • es gelingt allen wichtigen und interessierten Stakeholdern frühzeitige und aktive Partizipation zu ermöglichen und damit einen Zugang zu deren Motivation und Engagement für die weitere Gestlatung und Umsetzung zu schaffen.
  • die Führung durch einen breiter aufgestellten Prozess entlastet werden könnte.
  • es einen strukturierten, methodischen, transparenten Ablauf gäbe, der zum fester Bestandteil der Organisationsentwicklung wird.
  • die im Verlauf identifizierten Maßnahmen an Wirksamkeit gewinnen könnten, weil zuvor ein Zugang zu einer erweiterten Wissensbasis, d.h. der Erfahrung und Kompetenz der Stakeholder geschaffen wurde.
  • Ideen und Impulse im Verlauf immer weiter verfeinert und gleichzeitig konsolidiert würden.
  • regelmäßige Reviews der Entwicklung eine optimale Anpassung an aktuelle Veränderungen zulassen würde.
  • man explizite Phasen der Stabilität schaffen würde.
  • ein sukzessives und iteratives Vorgehen, ein hohes Maß an Lern- und Anpassungsmöglichkeiten böte.
  • die Sichtbarkeit von Einzelbeiträgen und die persönlichen Entwicklungsmöglichkeiten im Rahmen der gemeinsamen Weiterentwicklung immer wieder mit im Fokus stünde.
  • es gemeinsame klare Werte und Zielvorstellungen / Visionen gäbe an denen ebenso gemeinsam gearbeitet würde.

 
Ja, das sind (auf den ersten Blick) umfangreiche Anforderungen. Auf den zweiten Blick handelt es sich jedoch allein um die Einbeziehung von (gesundem) Menschenverstand und ebensolchem Menschengefühl.
 
Spannend ist, die Folgen davon zu betrachten, denn dieser Rahmen führt zu

  • einer optimalen Einbeziehung der Beteiligten,
  • dem Aufbau wachsender (Selbst-)reflexionskompetenz und damit der stetigen Verbesserung der Prozesse, Strukturen und Zusammenarbeit,
  • der aktiven Beteiligung vieler, die den Aufwand insgesamt verkleinert und damit Ressourcen zum Beispiel für die aktive Problemlösung freigestellt,
  • dem erleichterten Zugang zu externen Ressourcen, da diese Ressourcen kontinuierlich in die Prozesse und Entwicklungen einbezogen werden,
  • einer verbesserten Kommunikation und Interaktion,
  • besseren, treffgenaueren Entscheidungen, durch die aktive, breite Beteiligung der Kompetenzträger,
  • stärker gemeinsam getragener Verantwortung,
  • und damit ingesamt zu neuen mentalen Modellen und einer veränderten Haltung der an der Organisation aktiv beteiligten.

 
Das allein wäre sicherlich schon längst überall zu finden, wenn wir nicht aus der Historie anders geprägt worden wären. Dennoch scheint es jetzt an der Zeit, sich mit einer solchen Anpassung unseres Verständnisses von Organisationsentwicklung und insbesondere Change zu befassen. Auch, weil es heute Modelle und Methoden gibt, die in anderen Bereichen auf ähnliche Problemstellungen eingehen. So gibt es langjährig erprobte Ansätze aus den Bereichen:

  • agiler Softwareentwicklung (z.B. Scrum),
  • der Motivationslehre (z.B. Gamification),
  • dem Entrepreneurship und der Erfahrungen erfolgreicher Start-up Gründer (z.B. Effectuation, und Lean Start-Up etc.),
  • den Parametern der Gestaltung nachhaltiger Zusammenarbeit (z.B. Collaboration, Co-Working und Crowdfunding etc.),
  • den Erkenntnissen moderner Organisationsgestaltung (z.B. Ganzheitlichkeit, persönliche Bedeutung der Aufgabe und Selbstorganisation etc.),
  • einer systemisch ganzheitlichen Sicht auf Entwicklungspotenziale (z.B. Systemtheorie, Theory U)
  • und der organistationalen (Selbst)Reflexion bzw. dem Coaching und Mentoring (z.B. Inner Game, Agility Insights Diagnostic etc.) .

 
Betrachtet man diese aus einer übergreifenden Perspektive fällt auf, dass sie sich – zusammen mit anderen Ansätzen, die eine ähnliche Haltung propagieren – , zu einem schlüssigen Konzept kontinuierlicher und systemischer Weiterentwicklung kombinieren lassen.
 
Der beste theoretische Ansatz und jedes Gedankenexperiment scheitert, wenn ihm die Mitwirkung und die Möglichkeit zur Umsetzung verweigert wird, in der Praxis. Er muss entsprechend das Engagement jedes einzelnen Beteiligten und Betroffenen wecken. Dies gelingt, indem sich aus der Entwicklung des Ganzen auch individuelle, sehr persönliche Entwicklungschancen ergeben. Wenn der einzelne den (nicht monetären) Vorteil in der Entwicklung der Organisation in Form von zum Beispiel mehr sichtbarer Selbstwirksamkeit, persönlichem Wachstum oder mehr sozialer Anerkennung entdecken kann, steigt die Wahrscheinlichkeit, dass die eigenen Ideen und Energien eingebracht werden enorm an.
 
Was also wäre bei Ihnen los, wenn man die (Weiter-)Entwicklung Ihrer Organisation als eine kontinuierliche, anpassungsfähige Folge kleiner, gemeinsam entschiedener Maßnahmenpakete gestalten würde, die auf der bewussten, umfassenden Reflexion der aktuellen Situation und der zu erwartenden Entwicklung beruhen? Natürlich mit der Option, ganz bewusst unterschiedliche Maßnahmen mit unterschiedlicher Entwicklungsgeschwindigkeit auf unterschiedlichen Ebenen und mit unterschiedlicher Tiefe durchzuführen. Das könnte trotz einer kontinuierlichen Verwirklichung von Ideen gleichzeitig für eine maximale Wahrnehmung von Sicherheit und maximal mögliche Kontinuität und Stabilität sorgen, also von den Elementen, die uns wohl am deutlichsten in Bezug auf unsere Aktion am Arbeitsplatz prägen. Es würde damit die Grundlage schaffen auch in einem veränderlichen Umfeld dynamisch und agil zu (re-)agieren.
 
Der oben skizzierte Zyklus schafft das Fundament für den Aufbau sogenannter „dynamischer Fähigkeiten“ und kann damit wesentlich dazu beitragen den Fortbestand einer Organisation in einem sich dynamischen und sich gleichzeitig immer komplexer weiterentwickelnden Umfeld zu erlauben.
Doch – keine Leistung lässt ich ohne Ruhephasen langfristig sicherstellen. Als Abschluss des Zyklus aus Reflexion, der Entwicklung von Prototypen, der Konsolidierung und Implementierung muss eine Phase der Stabilisierung eingeplant werden.
 
In Richtung Zukunft kann agieren, wem es gelingt direkt und indirekt betroffene Stakeholder in die Reflexion, die Ideenfindung und deren Umsetzung konsequent einzubinden, denn dann ist ganz elegant für eine breite Akzeptanz, mehr Engagement und eine Entlastung des Managements gesorgt. Noch entspannter kann man in die Zukunft blicken, wenn dieser Ablauf zum Motor der Organisation wird. Ein Motor der mit erneuerbarer Energie immer wieder und weiter rund läuft und so der Organisation neuen Entwicklungsraum ermöglicht. Diese resultiert aus der zentralen, mehrdimensionalen (Selbst-)Reflexion und der Offenheit der Führung für (mehr) Partizipation, Transparenz und Vertrauen. Die Organisation lernt Resilienz, weise zu agieren und entwickelt klare Antworten auf die vielfältigen Aspekte der Frage: “Warum existieren wir?“. Auf diesem Weg entstehen dann Antworten auf die ebenso relevanten Fragen: „Wer ist bereit die Entwicklung der Organisation mit zu gestalten?“ und „Was ist unsere Zielsetzung und wie wollen wir diese erreichen?“.
 
Doch – auch wenn es nur ein Gedankenexperiment ist – scheuen sie sich nicht davor, die Außenperspektive einzubinden. Sonst bleibt die Gefahr des Kaisers neue Kleider zu verkennen, denn nichts prägt so sehr wie die eigenen (gewünschte) Wahrnehmung des eigenen Seins. Ohne äußeren Spiegel würden Sie das aussagekräftige und umfassende Bild des eigenen Zustands, der Entwicklungsmöglichkeiten und -richtungen der Organisation, inklusive etwaiger blinder Flecken glatt übersehen.
 
Wie Sie sich denken können, habe ich Ihnen nicht von ungefähr Bilder dieses Weges gezeigt und Sie zu diesem Experiment eingeladen. Den aufgezeigten kontinuierlichen Entwicklungsweg nenne ich „flux-cycle“. Wenn Sie mehr Erfahren möchten schauen Sie einfach auf flux-cycle.zukunftheute.net vorbei.